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Die Metabolisten in Japan

Die Neuorientierung der japanischen Architektur nach 1945

Nach der Niederlage im zweiten Weltkrieg gilt es in Japan als Ideal und Hauptziel das nationale Interesse auf die Errichtung einer friedlichen Kulturnation zu konzentrieren.
Durch die immense Zerstörung von Wohnbauten wird versucht, den. Funktionalismus wiederaufnehmend, die Wohnarchitektur ökonomisch durch Übergangslösungen und vorfabrizierte Häuser in Holzbauweise zu ersetzen. Es entstehen verschiedene Typen sehr leichter Bauweise, deren Grundrisse sich auf das Minimale beschränken. Die Aussichten im Architekturberuf grenzen als Freischaffender an die Existenzgrundlage, woraufhin sich 1947 die "New Architect's Union" (NAU) mit 500 Mitgliedern als neues Diskussionsforum etabliert und sich theoretisch mit Berufsproblemen, neuen Arbeitsgrundlagen und der Demokratisierung im Architekturbereich auseinandersetzt.

1945-50 präfabrizierte Häuser
- Kunio Mayekawa: „Premos"-Typen (Holzhäuser/1-Wochen-Montage, 55   qm)
- Kiyoshi Ikebe: Vorfabriziertes Minimalhaus für eine Familie mit Kind,

1950 Suche nach einem eigenständigen Architekturstil 1950-1955

Mit Ende der Inflation setzt sich nach dem Koreakrieg (1950-53) wirtschaftliches
Wachstum anstelle einseitiger Pazifismuspolitik als national zu verfolgendes Ziel durch. Die konsequent steigende Bautätigkeit unter Verwendung neuer Mate rialien - die Produktion von Zement, Stahl und Glas wird realisierbar – ermöglicht Japan den Anschluss an die internationale Architekturentwicklung der Nachkriegszeit. Stilistisch bezeichnend wird dies vor allem aber durch die Synthese der westlich modernen Gestaltungsweise und der japanischen Architekturtradition.
Kunio Mayekawa gehört dabei mit seiner konsequenten Haltung und klaren Bekenntnis zur neuen Architekturauffassung zu den wichtigsten Vertretern der Nachkriegsmoderne. Dies bestätigt sich in dem 1959 von ihm erbauten Appartmenthaus Harumi/ Tokyo, welches eine unerwartet starke Verschmelzung östlicher und westlicher Themen bedeutet. Die Appartments werden gemäß traditionell japanischer Hausbauweise in das elefantenähnliche Betonskelett eingepaßt. In seiner massiven Plastizität charakterisiert es den Block, den ihm dienlichen Versorgungstrakt und wirkt prägend für die im folgenden Jahrzehnt vorherrschende Betonarchitektur.

Ebenso Mayekawas Mitarbeiter Kenzo Tange verfolgt zielstrebig die Auseinandersetzung mit der westlichen Architektur, seine Beziehungen zu Le Corbusier, dessen geistesverwandte Grundhaltung sich besonders im Spätwerk abzeichnet (Wallfahrtskirche in Ronchamp, Bauten in Chandigarh). In dem von Tange entworfenen Friedens-Gedenkmuseum, 1955 in Hiroshima präsentiert sich erstmals seine Wertvorstellung der traditionellen japanischen Architektur, indem er die traditionelle Rahmenkonstruktion auf das Betonskelett überträgt.

Bewegung zur Internationalisierung • World Design Conference 1960

Für den Weg zur Ausbildung und Festigung einer neuen Stiltradition nach 1955 ist es erforderlich, die neu entstehenden Architekturströmungen nach außen zu präsentieren. Einflussreich erweist sich hier ein Seminar von Konrad Wachsmann, der beauftragt wird, an der Universität von Tokyo zu unterrichten und somit Erfahrungen aus seinen Studien über Baumethoden der industrialisierten Gesellschaft in den USA zu lehren (Schüler u.a. Arata Isozaki).
Mit Auflösung des CIAM (Congres Internationaux d'Architecture Moderne) 1959 - dem ideologischen Forum der Architektur - erschwert sich der Austausch mit europäischen und amerikanischen Architekten. Dennoch gelingt im selben Jahr mit Hilfe des Team X (Mitglieder: Jacob Bakema, Georges Candilis, Rolf Gutmann, William Howell, Alison and Peter Smithson, Aldo van Eyck, John Voeicker, Shadrach Woods), einer Splittergruppe des CIAM, eine Annäherung auf dem Otterlo Kongreß durch die Teilnahme Kenzo Tanges.

Ein drittes Ereignis ermöglicht die Zurkenntnisnahme der neuen japanischen Visionen. Die World Design Conference 1960 in Tokyo, unter Teilnahme Louis Kahns, Paul Rudolphs, Alison und Peter Smithsons und Jean Prouves, verschafft der Metabolistengruppe ein erstmaliges Auftreten mit der Präsentation ihrer unter Kenzo Tange entworfenen Planung des Projekts „Überbauung der Bucht von Tokyo".


Der Metabolismus als japanische Architekturströmung

Metabolismus kommt aus dem Griechischen und bedeutet Umwandlung (in Zyklen), Wandel, Wechsel, Veränderung eines Organismus, der auf Stoffwechsel beruht.
Hier soll nun zunächst die tiefe Verankerung des
Verständnisses für den ewigen Wandel in der östlichen (und japanischen) Kultur beispielhaft dargelegt werden.

1_anhand der aus dem Chinesischen adaptierten Schriftcharaktere(Kanji);
   Die ideographischen Wurzeln liegen in einem Bild von Aktionen, Prozessen in der Natur in    der es keine isolierten, abstrakten Dinge (Substantive) gibt. Dinge sind nur    Momentaufnahmen von Vorgängen, von Bewegungen.(1)

langsame Entwicklung der Bedeutungskette des Zeichens „Eki", Bewusstsein des Wandels 

1. kawaru    wechseln       in seiner Urform zeigt es einen Saurier, der durch     sein Nervensystem die Farbe verändern kann.
2. kaeru      umtauschen    Wechseln im kommerziellen Sinne
3. yasashi   leicht               Diese Farbveränderung geht mit Leichtigkeit und Schnelligkeit     vonstatten.
4. yasashii  sicher             sie dient der Täuschung von Feinden und birgt
    Schutz
5. eki, i        weissagen     in China versuchen Weissager, aus den Phänomenen der Natur     weißzusagen,

2_anhand des Schintoismus: der Iseschrein als „Gedicht zum Thema des Ewigen im sich    Wandelnden" Das Symbol der Gottheit (das Ewige) wechselt alle 20 Jahre. Ein zweiter    heiliger Bezirk, identisch mit dem ersten und direkt danebenliegend kann das Symbol der    Gottheit in einem neuerrichteten Schrein aufnehmen, bevor der alte infolge der    Vergänglichkeit der irdischen Materialien zerfällt.(1)

3_indischer Buddhismus/japanisches Zen.
  Zen enthält unter anderem die buddhistische Lehre der Phänomenalität allen Daseins   (Alles Dasein sind leere wesenslose Phänomene), der Bedingtheit der Phänomene   (Bedingtheit, Beziehung zueinander, Abhängigkeit voneinander) dem Erkennen der Dinge   nicht als isolierte statische Substanzen, sondern als Geschehen (sie enthalten die   wesentlichen Eigenschaften jeglicher Energieform), von Bewegung und Transformation.(1)

Auch die Natur in Japan mit ihren ständigen Bränden und Erdbeben macht das Bauen für die Ewigkeit scheinbar sinnlos. Ins Bauliche übersetzt findet sich dieses beispielsweise im Teehaus, einem Versuch die Vergänglichkeit der Welt auszudrücken und im japanisches Wohnhaus: das Lebendige verschafft sich einen Ausdruck, der die Dynamik unseres Daseins erlaubt.(1)

Die Formation der Metabolisten

Um den Architekten und Psychologen Noboru Kawazoe formierten sich die
Architekten Noriaki (Kisho) Kurokawa (Schüler Kenzo Tanges), Kiyonori Kikutake, Fumihiko Maki und Masato Ohtaka und die Designer Kenji Ekuan und Kiyoshi Awazu.
Vier Jahre später traten der Gruppe Kenzo Tange und Arata Isozaki bei, wobei Kenzo Tange auf der Konferenz bereits der Kopf des Programm-Komitees war.
In den Entwürfen der Architekten hatten sich die Gedanken schon vor der
Konferenz manifestiert und es bedurfte auf der Konferenz nun eines „universellen Konzepts und einer Methode, die in ihrer Konzeption absolut japanisch, aber international anwendbar wäre und eines Namens der dieses klar ausdrücken würde."(3)
So entstand für die Konferenz ,frisch gedruckt, das Manifest „Metabolism 1960 -A Proposal for New Urbanism". Der Begriff bedeutet im Sinne der Gruppe ständige oder zyklische Veränderung. Sie gehen von der Überlegung aus, dass Bauen für die Gemeinschaft als metabolischer Prozess aufzufassen sei, da die Gemeinschaft selbst, biologisch gesehen in ständiger Erneuerung begriffen ist und sich deshalb allen fixierten und schematisierten Gestaltungsprinzipien entzieht.

„Wir glauben nicht, dass Metabolismus nur die Kenntnisnahme eines natürlichen oder geschichtlichen Hergangs bedeutet, sondern wir versuchen eine aktive Entwicklung unserer Gesellschaft mithilfe unserer Vorschläge auszulösen."(4)

Metabolismus befreit sich vom Westen: „es geht nicht mehr um die Verbindung von dem antiken Griechenland mit dem Stahlbeton, sondern um die Verbindung des traditionellen mit dem hyperverstädterten Japan"(5)
Obwohl die Architekturbewegung sehr stark auf eine Loslösung von westlichen Idealen zielt und „die einzige ist, die kein Import aus dem Westen war, sondern eigenständig in Japan entwickelt wurde"(6) steht sie doch in einem internationalen Zusammenhang und Austausch. So nahm Kenzo Tange sowohl am CIAM 1956 in Dubrovnik als 1959 in Otterlo teil, wo er die Projekte der Metabolisten vorstellte und Informationen sowohl über die Projekte des Team X, als auch der Gruppe GEAM (Groupe d'Etudes d'Architecture Mobile um Yona Friedman) mitbrachte.
Kurokawa nahm 1962 an dem Team X Treffen in Royaumont und 1966 in Urbino teil. Weitere Einflüsse kamen von Louis Kahn mit seinem Plan für Philadelphia (1952-1958), Konrad Wachsmann und vermutlich Constant mit „New Babylon".

In den Entwürfen von Friedman und den Architekten der GEAM (Frei Otto, Schultze-Fielitz, Maymont u.a.) sowie in Constants New Babylon, den Entwürfen der Architekten des Team X (v.a. Alison und Peter Smithson, Aldo van Eyck, Shadrach Woods)und Louis Kahns finden sich viele Parallelen zu den Raumstadtmodellen der Metabolisten. So finden sich auch hier Pilotis als „Versorgungssektoren" und Megastrukturen die offen für mehr oder weniger mobile Wohnzellen sind und eine Art „Metastadt" über die vorhandene, nicht mehr funktionsfähige Stadt bilden. Ihnen gemein ist auch, das sie als erweiterbar und flexibel für kommende Anforderungen gelten und den Bewohner als partizipierendes, durch
seine Bedürfnisse gestaltendes Subjekt betrachten.Kahns Aufteilung des Raums in „master and servent space" findet sich in Kitkutakes Sky House wieder, die Idee der Straße als Architektur oder als Interieur (Smithsons:Golden Lane 1951, Berlin Hauptstadt 1957, Friedman: Paris spatiale 1958, Aldo van Eyck: „structures proliferantes" zieht sich durch die Entwürfe Kurokawas (bspw. Landwirtschaftscluster 1960)
Weiterhin einflussreich für die Ideologie des Metabolismus sind die Philosophen und Soziologen Joffre Dumazier (Vers une civilisation du loisir 1962), John Fourastie,Claude Levi-Strauss, Deleuze und Guattari.

Der Metabolismus ist die letzte positive Utopie des Jahrhunderts, danach gibt es nur noch negative Utopien mit zynischem Unterton.(7) Er bedient sich verschiedener Metaphern aus der Biologie (DNA- Helix, Zelle, Nervensystem, Golgi-apparat) und Kommunikations-, Informations-, Technikmetaphern. Es tauchen Megastrukturen (Nervensystem) als Infrastrukturen und Kapseln (Zellen) als Lebensräume auf, bedient von Bildern des Containers, des Tankers.
Die Metabolisten werden als „Akademie der Utopien", der Metabolismus als futuristische High-tech Architektur wahrgenommen. Es handelt sich aber um eine nicht nur kritische, sondern progressive Bewegung, die zum Handeln anregt und konkrete Vorschläge macht, anders als die ihnen Nahe stehenden Gruppen um Archigram, Archizoom, Superstudio, deren Projekte sich in der Utopie und dem Futurismus erschöpfen, liegen konkrete Handlungsprämissen und - bedürfnisse und konkreter Handlungswillen vor.

Ohne die besondere Rolle Tokyos, Megastadt mit sehr hoher Dichte, Raumknappheit, rasantem Wachstum, sind die umfassenden Stadtvisionen der Metabolisten nicht zu verstehen. Das Wachstum oder Explodieren der Stadt wurde bisher als Anarchie, Chaos, Katastrophe oder Krebsgeschwür beschrieben, die Metabolisten erkennen nun in ihrer Betrachtung der Stadt als Organismus das Wesen der biologischen Entwicklung und des lebendigen Schwungs.

die Hauptpunkte der Philosophie des Metabolismus sind
_Überwinden des Zeitalters der Maschine durch die Betonung des Lebens und der   Lebensformen
_Wieder beleben von vergessenen Elementen der Moderne wie Tradition, lokale Vorlieben,   Natur des Ortes/Platzes
_Betonung der Autonomie der Teile, Teilsysteme und Teilkulturen
_Beachtung der „unsichtbaren" Information von Tradition, Kultur, Identität
  und ästhetischer Codes => Gebrauch fortschrittlichster Technologien und
  Materialien.
_Architektur der Vergänglichkeit, buddhistisches Konzept des Vorübergehenden als eine   Alternative zu den westlichen Idealen des Universellen und Ewigen
_Architekturen als sowohl zeitlich als auch räumlich offene Systeme betrachten
_größere Wertschätzung der Beziehungen denn der Realität
_Verkörperung und Weiterentwicklung der wertvollen Errungenschaften der
  modernen Gesellschaft und Architektur
_Architektur des Metabolismus als Architektur der nformationsgesellschaft.
  Die Technologien der Informationsgesellschaft sind zunehmend unsichtbar   (Kommunikationssyteme), Architektur kann daher nicht mehr nur funktiona und rational   sein, sondern muss einen Ausdruck fernab des Physischen finden, es zählt nicht mehr nur   die Effizienz, sondern das Vermögen der Informationsgesellschaft Ausdruck zu verleihen
  Informationszeitalter ist das Zeitalter des Lebens (Kurokawa) der individuelle Mensch und   seine vergesellschafteten Bedürfnisse zählen und sind ausschlaggebend.
_vermittelnde Zonen, Ambivalenz und Unbestimmtheit als spezielle Lebensphänomene

Der Metabolismus gründet sich auf die Prinzipien der Diachronie - der Symbiose von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - und der Synchronie - der Symbiose verschiedener Kulturen.
Diachronie:
Gebäude entstehen immer im Kontext ihrer Zeit, die Zukunft kann nicht vollständig antizipiert werden, ihre Gegenwart kann aber mehr in der Vergangenheit oder dem Bild einer Zukunft liegen. In einem Architekturraum sollen alle drei Zeitepochen gleichweit vom Betrachter entfernt sein. Zeit ist nichts Lineares, oder hierarchisches, sondern komplex wie ein Rhizomnetz ineinander verknüpft.(Rhizomvergleich; Deleuze/Guattari).
Architektur soll nicht mit der Konstruktion „eingefroren" werden, sondern als ein „Zustand" eines Prozesses gesehen werden, der sich im Laufe seiner Existenz entwickeln wird. Ein Problem ist hierbei die Rolle des Architekten; was ist Ursprung und Absicht des Wandels?
Geht es um die Betrachtung der Beziehung zwischen Mensch und Technologie so ist die westliche Philosophie die Basis der modernen Architektur in ihr zeigt sich der festverwurzelte Dualismus der westlichen Kultur: Demnach stehen sich zwei vollkommen gegensätzliche Ganzheiten gegenüber: Körper und Geist, Menschheit und Technologie, Kunst und Wissenschaft, Religion und Technologie, nach Kurokawa entwickelte sich der Rationalismus als wissenschaftliche Methode, um die Wahrheit zwischen ja und nein zu finden. Im Gegensatz dazu steht der Ansatz, eine Symbiose von Mensch und Maschine für möglich zu halten. Später - späte 70er Jahre Bau des Wacoal Kojimachi Building - bezog sich Kurokawa auf Deleuze und Guattari, und verglich das Gebäudes mit einer „maschine plaisante".
„Mensch und Maschine, Gesellschaft und Technologie sind keine notwendigerweise gegensätzlichen Ganzheiten sondern Zustände von Existenzen, die eng miteinander verflochten sind in einem rhizomartigen Netz."(8)
„maschines sociales": Strukturen, die die Gesellschaft auszugleichen versuchen. Angesichts der oft konkurrierenden Wünsche und Bedürfnisse der „maschines desirantes", den Strukturen der menschlichen Gesellschaft infolge der verschiedenen Menschen, ihrer Bedürfnisse, Wünsche, Aktivitäten.
„maschines plaisantes" Strukturen, die in konstanter Bewegung sind und ständig neue Trennungen und Beziehungen schaffen.(9)

Synchronie des Raums:
Nach der ökonomischen Betrachtung durch Walt W. Rostow sind die Zustände der ökonomischen Entwicklung der Entwicklungsländer das „take-off", die Reife und schließlich die hoch entwickelte Konsumentenkultur. Diese Sichtweise fand großen Einfluss in der gesamten Welt, so auch in Japan, wurde auf die Kultur übertragen und verfestigte das westliche Bild einer Hierarchie der Kulturen; Europa über Amerika über Japan über den Entwicklungsländern Afrikas und des mittleren Ostens. Das bedeutete, dass eine Modernisierung einer ,,Verwestlichung" gleichkommen musste und wurde seit der Öffnung des Landes mit der Meiji-Restauration 1868 auf Industrie, Bildung, Gesetz und Architektur angewandt.
Westliche Gebäude waren Zeichen der Modernisierung, eine Anlehnung an traditionelle japanische Architektur wurde als unmodern abgetan. Die Waffen dieser Verwestlichung sehen die Metabolisten in der Sprache des Esperanto, in der Architektur des International Style.
Levi-Strauss relativiert mit seinem Strukturalismus die „Höherstellung" der westlichen Kultur, nach ihm hat jede Kultur ihren eigenen bestimmten Charakter, der aber verbunden sein kann, mit jeder anderen Kultur in einer globalen Struktur, wichtig sind die Beziehungen und Verflechtungen der verschiedenen Kulturen zueinander,nicht die „sichtbare Gestalt".
Die Synchronie ist also die Überwindung des Dogmas der Moderne, die Ent wicklung vom Internationalismus zum Interkulturalismus. Sie beschreibt das Gefühl, der gleichen Entfernung/Nähe zu jeder der verschiedenen Kulturen. Das Verschwinden des universellen Wertbildes macht frei für eine Architektur, die den Kontext verschiedener Kulturen in ihren Dienst stellt.

1960 World Design Conference in Tokyo; erstmaliges Auftreten der
Metabolistengruppe mit ihren Entwürfen

Es soll hier nur eine kleine Auswahl der Entwürfe gezeigt werden, die die
anfänglichen, umfassenden nie realisierten Raumstadtprojekte verdeutlichen.

Noriaki (Kisho) Kurokawa geb.1934 in Nagoya, Mitglied des Kenzo Tange Teams, seit 1961 eigenes Atelier_ Landwirtschaftscluster/Agrarstadt 1960

Als Lösungsansatz für die Rekonstruktion der Isabucht, die 1959 durch einen Taifun zerstört wurde, 1961 im MoMA in der Ausstellung <visionary architecture> gezeigt.

Einteilung der Cluster (sprachliche Aufhebung des Gegensatzes Dorf/Stadt Gemeinde) von traditioneller Größe 500x500m in 25 100x100m Cluster mit Schrein, Volksschule Tempel in der Mitte. Agrar-, Industrie-, Verbraucher, Erholungsduster existieren nebeneinander, übereinander und können potentiell größere Cluster anderer Gattung enthalten. (vertikale Schichtung: 1 .Arbeitsebene, 2-gesellschaftliche Ebene, 3.individuelle Ebene)

1 .Werkräume, landwirtschaftliches Arbeiten
2. in 4m Höhe: Strukturrahmen trägt Straßen, Wege Installationen und erforderliche Kommunikationsmittel; Schrein, Volksschule Tempel und Recht auf Grund und Boden
3.Pilzartige ein- oder mehrgeschossige Häuser, Betonstamm trägt die Konstruktion, vertikale Kommunikation und Installation. Das sonst in Japan schwere Dach ist durchbrochen und steht für Wandel des horizontalen zum vertikalen Wachstum.

vom Masterplanning zum Systemplanning:
Die Teilcluster sind durch ein System untereinander verbunden, dieses muss zukünftiges Wachstum berücksichtigen. Der Hauptcluster wird als sich regenerierendes, metabolisches Gebilde betrachtet, das in jedem Stadium eine Einheit zu bilden hat.

„Helix-City" 1961

Vorschlag zur Reconstruktion von Ginza. Es handelt sich um eine gigantische Raumstadt zum Arbeiten und Wohnen. Heliocode Türme - Schraubung einer oder zweier Geraden, schaffen durch treppenartig künstliches Land eine Infrastruktur großen Maßstabs, die Elementstrukturen kleinen Maßstabs Platz bieten, sie sind alle 10 Stockwerke auf gleicher Ebene verbunden, es gibt horizontale und diagonale Verbindung für eine dreidimensionale Verkehrsabwicklung innerhalb der Türme. Die Schäfte der Türme enthalten alle notwendigen Installationen und vertikalen Verkehrselemente. Einbahnverkehrswege ziehen sich wie Arterien durch die Superstruktur und verästeln sich in einem Netz sekundärer Verkehrswege. Das innere zyklische Verkehrssystem ist mit dem äußeren organisch integriert. Die Analogie zum DNA Molekül ist explizit, die Megastruktur soll Information übertragen.Vergleich der Chromosomen und Kommunikation in der Stadt, oder auch den Bewohnern. Die Helix-City. Sie wird zum Symbol der Metabolisten.


Kiyonori Kikutake

Turmstadt" 1959

Unter der Befürchtung Tokyos Struktur könnte konsequent unkontrolliert wachsen, entwirft Kiyonori Kikutake ein Konzept dessen Lösungsansatz sich nicht nur allein durch eine Formgebung bestimmen soll. Er bietet einen Gesellschaftsentwurf, der sich auf folgende Punkte konzentriert:
1.Die Formierung einer neuen demokratischen Gesellschaftsordnung
   >> jedes Individuum hat ein Anrecht auf einen Lebensplatz.
2.Der Beziehungswandel des Individuums zur Erde
   >> das Individuum steht gemeinsam in der Gruppe zur Erde.
3.Entwurf der Wohntürme mit einer Kapazität von 1250 Menschen im äußeren System
  >> Wachstum im Inneren durch konstruktive Regeneration
  >> im Kern findet die Produktion statt
  >> außen „Zellerneuerung" und Generationenwechsel" durch auswechselbare   Wohneinheiten.
Die Form des Turms nimmt für Kikutake dabei eine monumentale Bedeutung an, geltend als neue Wohneinheit.

„Schwimmende Stadt"
Umschreibt das Projekt künstlich geschaffener Inseln aus schwimmenden Betonschalen, als Lösung für die Probleme der Meeresbesiedlung und gilt als Umkehrung des Entwurfs „Turmstadt". Die Inseln sind frei bewegliche Plattformen mit Gemeinschaftseinrichtungen und Hubschrauberlandeplatz (Nahverkehrsmittel sind U-Boote) über der Wasseroberfläche. In den zylindrischen, zum Teil unter der künstlichen im Wasser hängenden Türmen befinden sich Wohneinheiten für insgesamt 3000 Menschen. Sie verfügen über zentrale Rundschächte, die sich dem Sonnenlicht öffnen.

„Unabara", 1960
Ergibt die Synthese aus der „Turmstadt" und der „Schwimmenden Zivilisation". Es ist ein schwimmender Industrie-Cluster mit einer Kapazität für 500 000 Einwohner. Bestehend aus zwei konzentrischen Ringe, dient der äußere der Produktion und der innere Ring als Wohnanlage. Im Überschneidungsbereich befindet sich die Administration. Das Zentrum ist frei und offen. Kikutake verwendet wieder das Monumentmotiv in Form eines Kontrollturms (500m hoch) vorgesehen als Symbol,Energiezentrum, Leuchturm und künstliche Sonne. Mit einer Breite von 500m versorgt der alles umfassende Schutzring den Cluster mit Sonnen- und Meeresenergie. Wird seine Kontrollgrenze jemals überschritten wird nach dem Zellteilungsprinzip ein neuer Kontrollturm errichtet.


Arata Isozaki

„Clusters in the Air", 1960-62

Isozaki entwickelte diesenTokyoentwurf in Form einer Mastkonstruktion nach der Weiterführung des Joint-Core-Systems. Die durch Kragarme, an den unterschiedlich hohen Turmschäften, befestigten Wohnungseinheiten hängen nach vier Seiten vorspringend frei in der Luft. Er bedient sich der botanischen Metaphorik: die Vertikalen = Bäume; die Kragarme=Zweige=Energieversorgung; Hauseinheiten = Blätter; das Bild des Waldes. Ebenso adaptiert Isozaki traditionelle Themen aus Konstruktion und Form (konstruktive Elemente wie sashihijiki, fo/?yo=Kapitelle; vertikale Addition der Pagoden=Vergleich mit weiter Dachausladung frühbuddhistischer Tempel).

 

 

„City in the Air", 1960/61
Isozaki präsentiert diesen Entwurf als Gegenvorschlag zu geplanten Hochhäusern. Seine großstädtischen Architekturtypen sind nur durch wachsende Formen in der Luft verbunden. Der Schart (Joint-Core) enthält alle Infrastrukturen und ist mit anderen durch ein flexibles System von weitspannenden Fachwerkträgern verbunden.

 

 

 

 

 

Kenzo Tange Team

Vorschlag einer strukturellen Neuordnung Tokyos 1960

Kenzo Tange gehört eigentlich einer anderen Genera tion an, wird aber jetzt zum Wortführer der Bewegung. Weitere Mitglieder: Koji Kamiya, Arata Isozaki, Sadao Watanabe, Kisho Kurokawa, Heiki Koh


1. Bestandsaufnahme: die 2. industrielle Revolution

a) Metropolen der 10.Mio. Klasse sind die neue Herausforderung
b)visible Organisations- und invisible Kommunikati onsstruktur
c)als neue Gesellschaftsklasse in den Metropolen bilden sich die „Organisation men" als Träger der tertiären Industrie, ein ansteigendes Einkommen führt zur Möglichkeit über die Notwendigkeit hinaus zu verbrauchen

d) Es besteht eine Forderung nach größerer Mobilität mit permanentem (z.B. Pendler) und variablen Verkehr („freiwillige Sozialkontakte")

e) die zentripetale Organisationstruktur(radiale und tangentiale Stadtautobahnen) ist unangemessen, und entspricht einer mittelalterlichen, geschlossen Gesell schaft, die offene Gesellschaft bedarf einer zyklischen Organisationsstruktur.

2.Aufgaben

a) metamorphischer Wandel: zentripetale Verkehrsstruktur muss in urbane, räumliche Organisationsstruktur überführt werden.

b) metabolische Regenration-innerer Wandel: die neue Struktur und Einzelarchitektur muss so flexibel sein, dass Regeneration bejaht wird.

c) externes Wachstum-äußerer Wandel die neue Struktur ist eine Infrastruktur, vom Menschen
muss ein System geben, auf dem sich Künftiges entwickeln kann, kein Masterplan

3.konkrete Strukturen

a) 4 Fünfjahrespläne:schrittweise realisierbare Umwandlung des bestehenden Stadtzentrums in eine Stadtachse, die über Tokyobay hinauswächst.
Zyklisches Verkehrssystem als generative Infrastruktur der Stadtachse, Wachs tum und Addition sind möglich

c) statt zonalen 2D Planungsmethoden soll es ein generatives 3D System geben, welches mit der zyklischen Infrastruktur verbunden ist. „Kernsystem" von horizontalen Arterien mit gestaffeltem Raum und „Pilotissystem" von privatem Raum in der Luft und gemeinsamem zu ebener Erde. Alle 200m gibt es Kernstützen von denen aus sich 10-20 geschossige Bürobrücken spannen.

d) Befreien der eigentlichen Erdoberfläche für den Fußgänger, menschliches Maß

e) Großstrukturen (Kommunikations- und Infrastruktur) nehmen im Maßstab zu, Kleinstrukturen (Wohnen, Gebrauchsartikel, Elementstrukturen) nehmen im Maßstab ab, für die daraus resultierende verschiedentliche Lebensdauer urbaner Cluster werden Wohnstrukturen als künstlicher Grund und Boden in einer Gemeinschaftsinvestition geschaffen, darauf entstehen private Bauten.

f) Das Projekt stellt eine neue Methode dar, neue Landwerte in öffentlicher Hand zu schaffen und die Bodenspekulation teilweise abzubauen.

Im Bezug zu diesem Projekt gibt Noboru Kawazoe zu bedenken, dass er den Begriff Metabolismus als eigentlich nicht zureichend und lediglich als repräsentativ für die Philosophie hält, da er den Aspekt der Fortpflanzung oder Reproduktion nicht implizit ausdrückt, dieser jedoch wichtiger Bestandteil (der Philosophie) ist. Hingegen impliziert der japanische Begriff shinchin taisha (Austausch des alten mit dem Neuen) diesen Aspekt im Sinne der Folge von Generationen. Er bezieht sich auf Marx und Engels, die den Begriff des Metabolismus als bezeichnend für die grundlegende Form des Lebens sahen, Reproduktion bei ihnen allerdings nur in der Logik der Fertigungs-(lndustrie)gesellschaft mitbedacht war. Für die Informationsgesellschaft hätte dieser Begriff nach Kawazoe keine Gültigkeit mehr.
Im Tokyo-Projekt sieht denn Kawazoe auch den Aspekt der Reproduktion nicht beachtet. Die Organismusanalogie ist ihm zudem zu sehr von der westlichen Moderne inspiriert und für heutige komplexe Stadt nicht mehr adäquat, für die eher eine Analogie zum ökologischen System angebracht wäre.'The organic - body analogy would no doupt apply to the Western European city, which is rather like a piece of plastic art. However, it is not suitable for the contempary cit with its built-in diversity."(10)

Die Hochphase der japanischen Bauwirtschaft -
Die Weltausstellung in Osaka 1970

Mitte der 60er Jahre verzeichnet die japanische Wirtschaft eine hohe Wachstumrate.Dynamik, Entwicklung und die sich neu orientierende Gesellschaft gelten als Inspirationpunkte für die Architektur. Dank der neu gewonnenen wirtschaftlichen Kraft Japans expandieren bauliche Aktivitäten und man beginnt mit dem Entwurf großmaßstäblicher Wohngebiete. Konsequent verstärkt sich die Migration vom Land in die Stadt rasant, so daß es sich als unvermeidlich erweist neue „Schlaflandschaften", Satellitenstädte zu schaffen (1964 Senri - Osaka; 1968 Kozoji - Nagoya; 1971 Tama - Tokyo).

Den Höhepunkt der Präsentation progressiver Architektur erfüllt sich Japan mit der Weltausstellung 1970 in Osaka. Gleichbedeutend für die Entwurfsrealisierung der Metabolisten, die sich hier als Hauptverantwortliche in Kooperation mit internationalen Architekten - Archigram, Christopher Alexander, Hans Hollein, Yona Friedmann,welche die Organisation der Ausstellung übernehmen - aktivieren, läßt sich ebenso der Endpunkt der Metabolismus-Vision verzeichnen. Unter dem Motto: „Fortschritt und Harmonie für die Menschheit" soll sich die Zusammenarbeit und Architekturbeziehung Ost-West verstärken und in dem Thema des Plaza wiederspiegeln. Kenzo Tange entwickelt den Masterplan im Ensemble der Pavillions seiner Schüler und übernimmt den Entwurf des Hauptpavillions
„Festival Plaza".

Das Festival Plaza ist eine Fachwerkstruktur der Größe 150x1000m und wird von Tange als eine Art Aktualisierung des Crystal Palace von 1851 betrachtet. Das Dach, welches mit Membrankissen abgedeckt ist, wird von Stützen mit einer Spannweite von 108m getragen. Die 3d Struktur wurde von Kawaguchi entworfen und soll sich auf die Megastrukturzeichnungen Archigrams „Plug-in City" (1964) beziehen.

Analogien zu den utopischen Visionen Archigrams werden auch von anderen Metabolisten erstellt. Arata Isozaki, der die Anlagenplanung im Festivalbereich, der zentralen Einrichtung der Expo,ausführt, realisiert die Vergnügungsroboter nach dem Vorbild Archigrams. Ebenso Kikutakes Entwurf für den „Expo-Turm" entspricht ihrem Architekturidiom, dem Entwurf des Montreal-Towers von Peter Cook.

Toshiba lHl Pavillon

Ausgangspunkt: zusammen mit Fumihiko Maki, und Kiyonore Kikutake nimmt Kurokawa 1969 an einem low cost housing project in Peru teil. Es entsteht die „selfend architecture" Ideal einer (Wohn)architektur, die sich selbst regeneriert, dadurch, dass sie ihre Bewohner zur Partizipation anregt, der Plan wurde 1972 von Kikutake und Maki realisiert.

Kurokawa betrachtet die Kapselarchitektur als Realisation einer langen Auseinandersetzung, die drei Pavillons können als finale Präsentation betrachtet werden.

Der IHI Pavillon ist ein Beispiel für die Symbiose zwischen Technologie und Kunst. Tetraedrisch geformte Einheiten aus geschweißtem Stahl, Fünf verschieden am Computer generierte Formen für verschiedene Funktionsansprüche ergeben einen Raumrahmen. Design und Konstruktion sind sehr industriell und funktionell, er versucht mit einer überhöhten technologischen Annäherung antitechnologisch und überrational zu wirken und so der menschlichen Emotion nahe kommen. Laut Kurokawa wurde der Pavillon als „barock" empfunden.

Nakagin Capsule Tower 1972

Beispiel für Diachronie, Ausgangspunkt sind wie beim lHl Pavillon standardisierte, vorgefertigte Wohnkapseln, die entlang von zwei vertikalen Erschließungsschächten gestapeltwerden und Wohneinheiten von minimaler Größe (2,5 mal
4 m), die in einer Containerfabrik gebaut und wetterfest gemacht werden und mit kompletter
Ausstattung
bestückt als Wohneinheit oder Büro nutzbar sind.
Die Wohnkapseln des Towers sind ihrem Anspruch als mobile Wohneinheit, die der Bewohner bei einem Ortswechsel mitnehmen und in eine ähnliche Struktur (wurde nicht gebaut) erneut einbauen kann, nicht gerecht geworden, auch die mittlerweile patinierten Zellen in Kurokawas Turm wurden bis heute weder verändert noch ergänzt.

Capsule Summer House K

Beispiel für Diachronie, Wohneinheiten wie im Nakagin Kurokawa ist sowohl von der Wichtigkeit der Villa Katsura der Edozeit, als auch von den ökonomischen und technischen Faktoren der Gegenwart, als auch von der Idee der Kreation einer Stadt der Zukunft eeinflusst. Referenzen eines von Kobori Enshu gebauten Teeraums in einer Hightech Kapsel Superstruktur.


Der Metabolismus als genuin japanische Architekturströmung?

Die Metabolisten sehen sich als Begründer einer erstmals eigenen japanischen Moderne, die zwar die Errungenschaften der technischen und gesellschaftlichen Moderne einbezieht und weiterentwickelt, sich aber sehr stark von der westlichen Ideologie und Kultur abgrenzt und dem gegenüber eine japanische Tradition formuliert, die es aufrechtzuerhalten und einzubinden gilt. Hierzu gibt es nun einige Denkansätze, die die Gegenüberstellung zweier mutmaßlicher Entitäten sowohl in der westlichen, als auch in der östlichen Betrachtung - und also auch derjenigen der Metabolisten, die sich ja von einem westlichen Dualismus lossagen- aufzeigen und die eigentliche Konstruktion der jeweiligen Identitäten verdeutlichen.

Zum Einen wird hier die scharfe Grenzziehung zwischen Orient und Okzident genannt, auf die die gesamte westliche Philosophie und vor allem die der Aufklärung aufbaut. Zunächst ist Max Weber zu nennen, der den Orient und seine Gesellschaft aufgrund ihres mythisch-archaischen Charakters vom ethisch protestantischen des Okzidents unterscheidet, welcher zu Rationalismus, Demokratie und Kapitalismus fähig ist.(a)
Michel Foucalt schreibt „ In der Universalität der abendländischen Ratio gibt es den Trennungsstrich, der den Orient darstellt: der Orient, den man sich als Ursprung denkt... der jedoch unendlich unzugänglich bleibt, denn er bleibt stets die Grenze."(13) Er sieht in Europa die neuzeitlich, aufgeklärte Rationalität, die sich in der Trennung von Vernunft und Wahnsinn zeigt, deren „entscheidendes, weltumgreifendes konstitutives Element die Scheidung von Orient und Okzident in ihrer jeweiligen Erscheinungsform als entweder im urzeitlichen Dunkeln sich verlieren den Ursprung oder als erleuchtet aufgeklärte Neuzeif't."(14) Der Orient wäre dem nach aus westlicher Sicht das, was Kant als das zur Erkenntnis unfähige Ding an sich nannte."(15)
Nun kommt aber zu dieser Grenzziehung, die „das Andere" überhaupt erst endgültig zu dem Anderen macht und sowohl die eigene Identität am Fremden konstruiert als auch dem Fremden wechselseitig seine Identität „enthüllt"(b) noch die dabei besondere Betrachtungsweise, die des Ästhetizentrismus. Japan wird als ästhetisches Objekt betrachtet, die (Alltags)Kultur und Zeremonien (die fremd sind) werden als „höhere" Kultur aufgewertet, damit einhergehend vollzieht sich jedoch eine Abwertung alles kognitiv und ethisch zu beurteilenden. Das als Kunst stilisierte Fremde schließt den Intellekt und die subversive Kraft aus und konstruiert wieder einmal die westliche und östliche Identität." (c)

 

a) Es soll hier nur eine anreißende Beschreibung gegeben werden,. Max Weber ist hier weder zitiert noch umfassend wiedergegeben. Vgl. Jörg H.Gleiter: Disorientiert (11) und Hajime Yatsuka: Japan, the Objekt of Dual aestheticization (12) , S.19. Letzterer stellt diese These in Frage: Interessant an Japan ist der vollkommene Kapitalismus. ,,[...]Japan had already established premodern urban culture in the Edo period [...] the ethical and religious character ofthis period had an assumed similarity to the ethics of Protestantism Max Weber discussed."

b) Entgegen den gängigen Behauptungen einer genuin japanischen Kultur und Tradition wird in dem Text von Yatsuka der Versuch gemacht, die besondere Identität der Japans in ihrer „Leere" zu sehen, in ihrem Charakter eines Spiegels, der versucht abzugrenzen und das reflektiert, was von außen kommt, „the japanese culture has a substanceless void, only reflecting like a mirror." S 19

c) die These ist hier sehr verkürzt und zusammengefasst dargestellt, vgl hierzu: Jörg H. Gleiter: Disorientiert, S. 9-11

In diesem Ästhetizentrismus und seinem östlichen Pendant dem Ethnozentrismus -die Ideologie des genuinen Japanertums- werden nun die eigentlichen Instrumentarien einer Modernisierung und Verwestlichung und somit eines subtilen westlichen Kolonialismus gesehen, da sich gerade in der Abgrenzung zur „westlichen Kultur" durch die fiktive und durch den westlichen Blick konstruierte „östliche Kultur" eine Manifestation vollzieht und die Ethnisierung des Lebens einer „(Post)Modernisierung" gleichkommt.

Die Metabolisten leisteten nun mit ihrer starken Hinwendung zur traditionell japanischen Architektur durch die immer wieder konstruierten (fiktiven) Bildern von Iseschrein und Katsuravilla und der starken Abgrenzung zum Westen einen entscheidenden Schritt in diese Richtung. Sie werden zudem als Wegbereiter für eine skrupellos Modernisierung, eine Kapitalisierung von Raum und Boden gesehen, „Die Mythologisierung, konstruierte Ethnologisierung und falsche Ontologisierung der japanischen Kultur [...] schaffen nichts anderes als den Freiraum für den gewalttätigen Eingriff und die fatale Manipulation gerade jener im neuen Museum idealisierten traditionellen Kultur."(16) (Bezug auf das Edo Museum von Kikutake 1987-1993)

Die Zukunft des Metabolismus

Die Metabolisten selbst sehen ihre Bewegung als sich ständig ändernd, der Zeit angepassten Entwicklung an und somit als fortlebend und weiterhin gültig. Von außen wird ein Untergang des Metabolismus mit der Expo 1970 und dem Ende des großen Wirtschaftswachstums wahrgenommen. Kisho Kurokawa ist der Theorie des Metabolismus weiterhin treu und bildete lediglich Nuancen heraus, so entwickelte er in den 70ern mit dem stärkeren Aufkommen der Informationsgesellschaft die Theorie der Metamorphose und in den 80ern die Theorie der Symbiose, wofür das Wacoal Kojimachi Building repräsentativ ist. Von außen wird seine Wandlung als eine vom „Mustermetabolisten" in ein „japanisches" Wertesystem abdriftende gesehen. Seine Architektur erscheint sehr futuristisch, ist eigentlich aber ein Einbringen der japanischen Vorkriegsarchitektur.

Im Gegensatz dazu steht Isozaki für die moderne avantgardistische Architektur. Er geht von instabilen, sich ständig ändernden, gleichwertigen Wertesystemen aus und hat daher eher eine fragmentarische Herangehensweise. Weiterhin erfolgt bei ihm nun eine subtilere Eingliederung des „Japanischen", er verwendet keine Figurative oder Symbole, sondern schafft z. B. Leere in einem amerikanischen Gebäude.(Team Disney Building)

Im Allgemeinen könnte man mutmaßen, dass die neue Generation in der „Leere und Traditionslosigkeit" keinen zu überwindenden Makel mehr sieht, sondern das Fragment im Gegensatz zum allumfassenden Plan und vor allem der Ort im Gegensatz zum historischen und kulturellen Kontext an Wichtigkeit gewinnt.

Kikutake sieht in seinem 1993 fertig gestellten Edo-Tokyo Museum eine Umset zung des Metabolismus im Sinne eines „Austauschsystems". So wird die Langlebigkeit des Hauptausstellungsraums durch die Austauschbarkeit einer Substruktur erreicht (Wandpaneele, Dachplatten, Exponate), die nicht austauschbaren Teile (Lagerraum, Hauptraum, Stützen, Stylobat) bilden die Konfiguration, die austauschbaren Teile unterliegen dem metabolischen Wandel.
Das „Erdgeschoss" ist durch Pilotis strukturiert und bietet Raum für Freiluftausstellungen. Die Gebäudeform erinnert an das typisch japanische Dach. Kikutake sieht aber die wahre Zeit des Metabolismus genauso wie Noboru Kawazoe noch nicht gekommen, da die Gesellschaft dafür noch nicht bereit sei. Die Besonderheit liegt nach ihnen in der ökologischen Betrachtungsweise der Stadt, die die einzig adäquate für die Zukunft ist –Analogie des ökologischen Systems anstelle der Analogie des Organismus.

Ouellennachweis

1.vgl. Bauwelt 1964 Heft 18/19 S.499-515
2.ebd. S. 499
3.Noboru Kawazoe, thirty years of Metabolists in Thesis, Wissenschaftliche Zeitschrift der
Bauhaus-Universität Weimar, 1998 Heft 6, vgl. hier S. 147
4.vgl. Kisho Kurokawa, S.16 [Einleitung zu proposals for a new urbanism; Le Metabolisme 1960-1975, Editions Centre Georges Pompidou, Paris, 1999
5.ebd.S.10
6.Noboru Kawazoe, thirty years of Metabolists in Thesis, Wissenschaftliche Zeitschrift der
Bauhaus-Universität Weimar, 1998 Heft 6, S.148
7.vgl. Kisho Kurokawa, S.9
8.Kisho Kurokawa, from metabolism to symbiosis, 1992, academy editions, St. Martin's
PressS.13
9.vgl.ebd.S.13
10.Noboru Kawazoe, thirty years of Metabolists in Thesis, Wissenschaftliche Zeitschrift der Bauhaus-Universität Weimar, 1998 Heft 6, S. 149
11 .Jörg H. Gleiter, DisOrientiert: Japan, der Westen und der Ästhetizentrismus in Thesis,Wissenschaftliche Zeitschrift der Bauhaus-Universität Weimar, 1998 Heft 6,vergleiche auch Nora Bierich: Grenzziehungen des Anderen, ebd.
12.Hajime Yatsuka, Japan, the Objekt of Dual aestheticization, ebd.
13.Jörg H. Gleiter, DisOrientiert: Japan, der Westen und der Ästhetizentrismus, S. 9
14.ebd.
15.ebd.
16.ebd,S.15

Reyner Banham, Modernes Bauen in Japan, 1 .Aufl., Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, 1987
Egon Tempel, Neue japanische Architektur, Stuttgart, Gerd Hatje Verlag, 1969
The Japan Architect, The New Wave in Japanese Architecture, 1977, Heft 10/11, S. 8-40
Kenzo Tange, Noboru Kawazoe, Some Thoughts about EXPO 'T'O.The Japan Architect, 1970, HeftMay/June, S. 29-34
Kenzo Tange, Arata Isozaki, Directions in Today's Architecture, The Japan Architect, 1970, Heft July, S.23-28

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Kiyoshi Ikebe, 1950
Friedens-Gedenkmuseum, 1955
Appartmenthaus Harumi 1959
 
   
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Konrad Wachsmann, space-frame structure for aircraft hangar, 1951-53
Yona Friedman, Paris spatiale 1958
 
Schnitt durch die verschiedenen Ebenen des Clusters
 
 
heliocode Türme metabolische Zyklen  
Helix-City 1961
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