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Taut - Das japanische Haus und sein Leben

Biographie
Bruno Taut wurde am 4. Mai 1880 im preußischen Königsberg geboren. Nach dem Schulabschluss besuchte er die Baugewerbsschule.
Ab 1903 arbeitete Taut in Berlin in Büros unter anderem in dem des erfolgreichen Bruno Möhring, der als Spezialist der neusten Bautechnik galt.
In dieser Zeit entwickelte Taut eine große Liebe gegenüber der Kunst, vor allem der Malerei. Ihn interessierten vor allem die Wirkung der Farben und der japanischen Holzschnitt.
1908 entstand sein erstes Bauwerk, das Turbinenhaus der Hartkortwerke.
In der Zeit von 1910-1913 konnte er im Berliner Westen fünfgeschossige bürgerliche Miethäuser errichten.
1912 gestaltet Taut mehrere Siedlungen in Magdeburg farbig. Dies löste eine Welle der Auseinandersetzung über die Farbe in der Architektur aus.
Er wurde Mitglied des “Deutschen Werkbundes” und hatte Kontakte zu bedeutenden Künstlern und Architekten, z.B. Adolf Behme, Walter Gropius, Paul Scheerbart. Sie alle trafen sich in der Galerie “Der Sturm”. Ausstellungen, die hier stattfanden, beeinflussten seine Vorstellung über künftige Architektur nachhaltig.
1914 schuf er den Pavillon der Glasindustrie für die Werkbundausstellung in Köln.
Während des zweiten Weltkriegs konnte Taut sich vom Kriegsgeschehen fernhalten und entwickelte utopische Entwürfe, die er als Friedensarchitektur verstand.
Taut wollte dem gewaltigen Einsatz der Technik auf den Schlachtfeldern ein Friedensziel entgegensetzen. Er verfasste Skizzen für riesige Friedensmäler. Er schlug vor, die Bergspitzen und Schluchten der Alpen vom Monte Rosa bis zum Laguner See mit riesigen Konstruktionen aus Stahl, Beton und farbigem Glas zu überbauen.
»In parareligiös - nietzscheanischer Diktion«, so Hubertus Adam (Luft von anderen Planeten), » avancierte der Architekt darin zum Verkünder eines neuen Glaubens. Den schöpferischen Prozess sah Taut als Vorschein einer neuen spirituellen Welt, in der die bisherigen Gegensätze zur Einheit verschmelzen würden.(...) Der seit der Romantik geläufige Topos des Kristalls wurde zum Symbol der kosmischen Harmonie«.
»Wir müssen immer das Unerreichbare kennen und wollen, wenn das Erreichbare gelingen soll «. Es ist der Versuch einer Befreiung des Menschen, durch Form, Licht und Farbe hin zu einem harmonischen, kosmischen Wesen.
Nach Kriegsende und der gescheiterten Novemberrevolution wurde er Mitglied der Novembergruppe, die sich jedoch als wenig arbeitsfähig erwies.
Er war Mitbegründer des Arbeitsrates für Kunst und Wortführer im Kampf gegen das kapitalistische Denken in der Architekturorganisation. Das Band zur Arbeiterklasse wurde immer enger.
Er veranlasste seine engsten Gesinnungsfreunde zu einem internen schöpferischen Briefwechsel, der als „gläserne Kette“ bekannt wurde.
1924 kehrte er abermals nach Berlin zurück. Innerhalb von sieben Jahren konnte er hier mehr als 10000 Wohnungen bauen
Er wurde einer der Pioniere des modernen Kleinwohnungsbaus, der 1923 als „Zweckbau“ charakterisiert und allgemein als „Neues Bauen“ bezeichnet wurde.
1930 wurde er zum Professor an die TH Berlin berufen. 1931 wurde er neben Erich Mendelsohn, Ludwig Mies van der Rohe und Martin Wagner Mitglied der Preußischen Akademie der Künste
Im März 1933 musste Taut vor den Nazis flüchten, da er als führender „Kulturbolschewist“ verhaftet werden sollte.
Er verließ Deutschland und nahm eine Einladung des japanischen Architektenverbandes zu einer Vortragsreise an. Aus den geplanten Vorträgen wurde eine dreijährige Arbeit.

Situation in Japan: Konflikt zwischen den Traditionen

Die Lebensgewohnheiten der westlichen Technik, Zivilisation und Form standen dem Traditionellen, der vollkommenen Durchdachtheit aller Einzelheiten gegenüber.
Nach Tauts Urteil war das Bild Japans in der westlichen Welt geprägt von Klischees: Geisha, Kirschblüte, Bonsai, etc. Bauliche Elemente wie z.B. das Teehaus oder Minigärten wurden stilisiert und zum leblosen Regelwerk. Aber auch die vorschnelle Adaptionen der westlichen Meinung und Form zur Moderne durch die japanische Architektenschaft, kritisierte Taut stark, da sie für ihn nicht in Harmonie mit den Bedürfnissen stand. Die Einheit von Natur und Kunst wird nicht durch Minilandschaften oder Ähnliches erreicht; vielmehr durch die: „In der größten Einfachheit liegt die größte Kunst“. Wobei die Einfachheit nicht semantisch oder formal gemeint ist, sonder viel mehr auf das Denken bezogen wird.
Für Taut wird der traditionelle, Bildungsorientierte Feudalgeist durch einen Geschäftsfeudalismus ersetzt.
In Kubori Enchu (Villa Katsura) sah Bruno Taut den Reformator japanischer Kultur - einen Gegenpol zu den chinesischen Einflüssen, die die Machthaber im 17. Jh. dazu benutzten, ihre Bedeutung auszudrücken (Nikkobauten)
Gegen die Instrumentalisierungen der chinesischen Architektur setzt er die funktional, rationale japanische Landarchitektur
Vorbilder des eigentlich Japanischen waren für ihn die Villa Katsura und der Ise Schrein, die nach Taut in höchster Transparenz und strenger Kulturübung der Zimmerleute errichtet wurden. Diesen Bauten hänge keine Moderluft des Alten an - wie etwa den buddhistischen Tempeln oder mittelalterlichen Kathedralen. An ihnen sei noch immer die rein funktionelle Intention zu erkennen, ohne ornamentale Stilmittel.
Die Teehäuser, in ihrer schlichten Bauweise aber expressiven Funktion waren für Taut ein Beispiel für das japanische Kunstprinzip der Improvisation
Das Einfangen einer künstlerischen Stimmung in den Teehaus war für Taut nur möglich innerhalb spezieller Zeremonien der geschulten Teemeister und nicht durch das Kopieren der Räumlichkeit.

In der Kultur des Teehauses wird eine gewisse Dualität von Expression und schlichter Rationalität innerhalb der japanischen Kultur offenbar, die auch im traditionellen Japanischen Theater zu erkennen ist.

No- Spiel: (No= Kunst)
Das No- Spiel entwickelte sich aus dem Zen- Buddhismus und Volkstänzen und wurde am kaiserlichen Hofe kultiviert
Schauspielerische Elemente sind: Pantomime, Akrobatik, clowneske Elemente;
während der Inhalt von Götter-, Geister-, Schicksals- und Teufelsgeschichten geprägt ist.
Die Darstellungsart ist die, der Abstraktion und der Reduzierung auf das Wesentliche (reduzierte Bewegungen, schlichte und abstrahierte Requisiten)

Kabuki Theater / Puppenspiel:
Das Kabuki Theater ist Volksvergnügen. Neben den Inhalten ist es vor allem Darstellungsspektakel.

Taut entwickelt Grundlinien der japanischen Kultur.

Die positive Linie beginnt bei den Ise- Schreinen. Sie verlief nicht gerade, infolge des buddhistischen Einflusses und nachdem das rationalkonstruktive Element (Shirakawa) zerstört war.
Der Buddhismus, speziell die Zen- Philosophie, gab ihr in der Teekultur eine geistige Ästhetik, die in Bau- und Garten von Katsura nach Ise zum zweiten mal den Höhepunkt japanischer Architektur schuf.

Die negative Linie kommt vom buddhistischen Tempel, bei dem die Konstruktion zur Dekoration entartete, verstärkt durch die Repräsentationswünsche der Machthaber.

Das traditionell japanische Haus

Taut erforschte an vielen Exempeln das japanische Haus und versuchte seine Ursprünglichen Elemente mit einer japanischen Ratio zu begründen die er im Menschen, der Kultur und seiner gesamten japanischen Umgebung suchte. Die
selbe Ratio existiert für ihn auf der ganzen Welt und äußert sich besonders in den einfachsten Dingen die nach bloßer Zweckerfüllung gestaltet sind.
Dabei sind für ihn die Hauptgestaltungsgründe das Klima und die Naturgewalten, sowie die kulturellen und körperlichen Aspekte des japanischen Volkes.
Was das Klima angeht, so galt der Sommer als gefährlichste Jahreszeit. Schwüle und Hitze, die auch in den Nächten kaum nachlassen, verlangten, dass das Haus jederzeit zu einer offenen Halle verwandelt werden konnte. Die reiche Insektenwelt, verbunden mit der Erdfeuchtigkeit, führte zur Hochstellung des Hauses auf Stützen. Die allgemeine Feuchtigkeit zum Nichtbetreten des Hauses mit Straßenschuhwerk (Sandalen) und damit zum Mattenboden, auf dem sich das gesamte Leben abspielt. Die weiten Vordächer schützen die empfindlichen Bauteile vor der feuchten Witterung und Sonneneinstrahlung.
Beim Betrachten der traditionell japanischen Häuser, bei denen auf einem äußerst leichten Ständerwerk ein Dachstuhl ohne jede Dreiecksverbindung, Versteifung oder Ausspannung, mit ziemlich schweren, unbehauenen Bäumen einfach aufliegt vermisst der europäische Bautechniker so Taut jegliche statische Logik. Die Erklärung liegt in der daraus resultierenden Erdbebensicherheit, da das Gebäude, durch eigenes Mitschwingen, die Erdschwingung besser ausgleichen kann.
Im Winter ergibt sich eine große Ungeschütztheit gegen die Außenluft. In der warmen Wintersonne ist das Haus nach Süden vollständig geöffnet und so hockt man im sehr warmen Kimono dicht am Kohlenbecken, benutzt nur die Strahlungswärme, während man auf die Raumtemperatur fast gar kein Wert legt. Die Folge ist eine große Leichtigkeit des Hauses, eine Skelettbauweise, mit unverhüllter Tragkonstruktion und eine genaue Normierung aller Einzelteile in ihren Maßen.
Das Leben steht in vollendeter Harmonie mit dem Hause selbst.
Charakteristisch ist die Ökonomie des Hauses, d.h. Sparsamkeit nicht nur im gewöhnlichen Sinn, - die Kosten eines Hauses, die sich zu Zeiten Tauts auf ca. 400 Yen beliefen entsprachen ungefähr vier durchschnittlichen Monatsgehältern - sondern in allen Fällen, auch in denen größerer Wohlhabenheit. So werden zum Beispiel im gleichen Raum die Lager (Foutons) zum schlafen herzurichten, in dem man kurz zuvor eine größere Gesellschaft bewirtete. Dies zeigt die erhebliche Flexibilität, wenn man ihn mit einem europäischen Gästezimmer vergleicht. Enthaltsamkeit von überflüssigem ist die gleiche Folge und für die Bewohner ist das Haus eine geringe Last im physischen und psychischen Sinn.

- Wirtschaftsräume und Eingang
  auf einer Seite- „Weg in den
  Wohnraum“
- Wohnzimmer mit große
  Veranda nach Süd-Osten
- verputzte Wände nach Westen
  um tief stehende Sommer-
  sonne abzuhalten
- Pfostenordnung richtet sich
  nach den Matten

- Skelettkonstruktion, unverhüllte
  Tragkonstruktion
- aufgeständert
- weites, von Hauptdach
  abgelöstes
  Verandadach
- schwere Dachkonstruktion
- vom Hauptwohnraum
  abzutrennende
  Veranda


- unterschiedliche Bodenniveaus
- Losgelöstheit vom Erdboden
- Schieberillen
- Eingang, Küche& Bad auf
  Erdbodenniveau- Zementboden
- blanker Verandaholzboden
  ist Kostbarkeit und
  Repräsentation

- Wände aus verschiedenen
  Materialien auf Holzrahmen =
  unterschiedliche Funktionen:
  Lichtdurchlässigkeit,
  Raumtrenner, Sonnenschutz
- permanente Wände aus
  verputztem Bambusgeflecht

 

- Küche als Schwelle zwischen
  Innen und Aussen
- Boden des Wohnbereichs ragt als
  Sitzfläche in die Küche
- minimaler Stauraum für Nahrungs-
  mittel da diese schnell verbraucht
  werden müssen
- offenliegende Dachkonstruktion
  verfärbt sich im Laufe der Zeit
- dunkle Balken als Stilmittel
- Küchengeräte werden offen, meist
  hängend aufbewahrt, nicht in
  Schränken

 

 

 

 

Literatur:

- Bruno Taut, das japanische Haus
  und sein Leben, 1937
- Manfred Speidel (Hersg.), Bruno
  Taut, Ich liebe die japanische
  Kultur
- Bruno Taut, Grundlinien der
  japanischen Architektur

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