Japanische
Rituale
Religion
Umfragen über die Religionszugehörigkeit
der Japaner ergeben regelmäßig, dass nahezu 100% der
Menschen sich als religiös bezeichnen – meistens entscheiden
sie sich für den Buddhismus und Shintoismus. Dennoch denken
die Japaner sich nicht wirklich viel dabei, wenn sie die religiösen
Rituale, Zeremonien und Feste durchführen.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass in der westlichen Welt sich
eine Minderheit zu einer religiösen Lebensführung bekennt,
die andere sie kategorisch ablehnt. Eine Mehrheit hingegen beschränkt
sich beim Kontakt mit der Kirche auf große, traditionelle
Feste wie Weihnachten oder die eigene Hochzeit. In Japan sind
die verschiedenen Bräuche viel mehr in den Alltag integriert.
Sie sind für die meisten Japaner selbstverständlich,
ohne sich als gläubig zu bezeichnen. Das geht natürlich
nur bei einer Religion, die keinen bedingungslosen Glauben verlangt.
Der Hauptunterschied zur westlichen Welt liegt in einer weniger
klaren Trennungslinie zwischen Sakralen und Profanen, so dass
Leben in der Gemeinschaft und Religion gut zu vereinbaren sind.
Gut und Böse sind nicht klar getrennt wie im Westen, es gibt
z.B. nicht den Begriff der Sünde. Ebenfalls Zeichen der großen
Akzeptanz von Religion ist die hohe Spendenbereitschaft sowohl
bei großen Konzernen, als auch bei den Einzelmenschen
Traditionell besitzt jeder Haushalt einen Alter mit Shinto-Symbolen
(kamidana) und einen Altar mit buddhistischen-Symbolen (butsudan)
mit Gedenktafeln für verstorbene Familienangehörige.
An diesen werden entweder Täglich oder nur an Gedenktagen
Opfer aus Blumen, Speisen, Getränken und Räucherwerk
gebracht. Die gleichen Rituale, können auch an öffentlichen
Altären vollzogen werden, so dass Religion im Alltag allgegenwärtig
ist. Überall sieht man kleine Schreine, Amulette und beispielsweise
sogar Reinigungszeremonien, welche von Shinto Priestern in Supermärkten
durchgeführt werden. An nationalen Feiertagen, wie z.B. Neujahr
(oshôgatsu) findet fast schon ein „religiöser
Tourismus“ statt.
Shintoismus:
Im Laufe der Zeit haben sog. Synkretistische Schulen zur Verschmelzung
von Buddhismus und Shintoismus beigetragen. Dies wiederum resultierte
in einer starken Mischung von buddhistischen und shintoistischen
Ritualen. Genauso entstanden viele neue Religionen und Sekten,
deren Grundlage der Buddhismus, Shintoismus und das Christentum
bildete.
Die ursprüngliche Religion Japans ist der Shintoismus, welcher
eine Affinität zum Taoismus aufweist, womit die Vermutung
nahe liegt, dass die Grundlagen aus China oder Korea stammen.
Forscher sind sich hierbei aber nicht ganz einig. Der Shintoismus
erhielt seinen Namen erst nach der Einführung des Buddhismus
(6. Jh.), um den alten vom neuen Glauben unterscheiden zu können.
Shinto bedeutet „Weg der Götter“ und der Shintoismus
selber ist eine Naturreligion. Das bedeutet, dass alle Objekte
und Phänomene der Natur sind beseelt, was wiederum eine Verehrung
der Natur zur Folge hat. Da „Gott“ und die Welt somit
gleich sind, bezeichnet man dies auch als Pantheismus –
eine Allgottlehre.
Im Shintoismus gibt es keinen maßgebenden Text, wie die
Bibel oder den Koran, mit einer einzigen Ausnahme: Kojiki - ein
„Bericht über die Begebenheiten im Altertum“.
Es entstand im 8. Jahrhundert als eine Art Reichschronik, ist
aber keine göttliche Offenbarung. In diesem wird die Abstammung
der kaiserlichen Familie, wenn nicht aller Japaner von der Sonnengöttin
Amaterasu Omikami beschrieben, was den immer noch vorhandenen
Ahnenkult (vom altjapanischen Yamato-Volk) initiierte. Damals
war man der Ansicht, es gäbe eine Art Seele (tamashii), die
nach dem Tod weiterlebt und die Toten würden irgendwann auf
diese Welt zurückkehren. Deshalb gibt es heute noch Relikte
eines Ahnenkultes bei den Feiern der Tagundnachtgleiche im Frühling
und Herbst. Den aus dem Westen geprägten Begriff „Gottheit“
gibt es im Shintoismus nicht, sondern nur das „Kami“.
Kami ist alles, was höhere Kraft besitzt oder Ehrfurcht erbietend
ist.
In der Meiji-Zeit (1867 bis 1912) bis 1945 wurde der Shintoismus
zur politischen Instrumentalisierung missbraucht. Es wurde die
„Einheit von Ritus und Politik“ (saisei itchi) gepredigt,
der sog. „Staats-Shinto“. Damals wurde die Position
des Kaisers in der Verfassung als „heilig und unverletzlich“
festgesetzt. Der Bau von Nationalschreinen, wie z.B. Yasakuni-jinja
und Meijii-jingu (beide in Tokyo) sind Zeugen dieser Zeit. Seit
der Niederlage Japans im 2. Weltkrieg gibt es eine strikte Trennung
von Staat und Religion und es findet jedes Mal ein großer
Aufruhr in den Nachbarländern statt, wenn Japanische Politiker
öffentlich eine dieser Nationalschreine besuchen.
Buddhismus:
Der Japanische Buddhismus ist eine ursprünglich aus Indien
(über Tibet, China und Korea) stammende Form des Buddhismus
und gelangte im 6. Jh. nach Japan. Zuerst Religion des Hofadels,
dann sehr bald eine durch Kronprinz Shotoku Taishi (572-621) eingeführte
Staatsreligion, die im 9. Jh. noch einmal durch vereinzelte Schulen
eine Verbreitung erfuhr. (Shingon Schule, Tedai Schule und die
Schule des „reinen Landes“).
Der Buddhismus vertritt die Auffassung, dass alle „fühlenden
Wesen“ (Menschen oder Tiere) den Keim der Erleuchtung in
sich tragen. Das zentrale Konzept ist die Wiedergeburt –
das aktuelle Schicksal eines Wesens ist durch die Handlungen vergangener
Inkarnationen geprägt. Durch ein entsprechendes Verhalten
kann dieses Karma positiv beeinflusst werden. Die Lebenskraft
wird hierbei von der einen zur nächsten Generation weitergegeben,
was einen ewigen Prozess mit sich bringt.
Heute wissen die Japaner wenig über die Ideen und Lehren
des Buddhismus. Dennoch hat der Buddhismus sogar noch politischen
Einfluss in Form der „Soka Gakkai“. Dies ist eine
umstrittene Organisation mit stark sektiererischem Charakter,
welche ihren Ursprung im Nichiren-Buddhismus hat. Nichiren (1222-1282)
war ein wortgewaltiger Prediger, der glaubte zur Verbreitung des
Buddhismus auserwählt worden zu sein. Somit sah er sich zur
politischen Einmischung legitimiert. Dies setzt sich im politischen
Arm (Komeito) der „Soka Gakkai“ bis heute fort, so
dass sie sogar großen Einfluss im japanischen Parlament
hat.
Tempelanlagen:
Zu den Begrifflichkeiten ist zu sagen, dass man bei Bauten des
Shintoismus von Schreinen spricht. Im Buddismus spricht man von
Tempeln.
Schreine:
Schreine werden für die Kami-Gottheit gebaut. Es können
sowohl kleine Kästchen oder sogar große Anlagen (z.B.
die Schreine von Ise) sein. Für Laien sind Schreine &
Tempel nicht leicht zu unterscheiden. Erstes Unterscheidungsmerkmal
ist das den Schreinen eigene Torii. Es ist ein Tor, das die Grenze
zwischen dem Profanen und dem Sakralen markiert. Das Allerheiligste
ist das Honden, das zentrales Gebäude einer Schreinanlage.
Es ist der Hauptsitz der Götter und für Besucher ist
kein Zutritt. Der Hauptschrein, das Allerheiligste, ist mehrfach
eingezäunt. Das bekannteste Beispiel ist der Ise-Schrein.
Er wird alle 20 Jahre wieder neu aufgebaut, um seinen ursprünglichen
Glanz zu erhalten.
Schreine sind einfache Gebäude , die japanischen Kornspeichern
ähneln und sich nur durch ihre Höhe und Größe
von diesen unterscheiden. Auch sie lagert auf hohen Pfeilern zum
Schutz vor Nässe und Tieren. Die Grundstruktur folgt ebenfalls
den Gesetzen des primitiven Wohnungsbaus: rechteckiger Grundriss
mit 4 Eckpfosten und zwei höheren Pfosten zur Unterstützung
des Dachfirsten. Charakteristisch sind die aus dem Dach ragenden
Dachsparren und Querhölzer auf dem Giebel. Man betritt den
Schrein von der Längsseite, was für Europäern,
die von den großen hellenistischen Bauten geprägt sind,
eigenartig erscheint.
Tempel
Den typischen Aufbau eines Buddhistischen Tempels kann man sehr
gut an der Horyu-ji Tempelanlage erklären, die sich in der
Nähe der alten Hauptstadt Nara befindet. Sie wurde im 7.
Jh. gebaut und ist einer der schönsten und ältesten
Tempelanlagen Japans und zugleich einer der ältesten Holzbauten
der Welt. Zur Teilbeschreibung:
- Das innere Areal eines Tempels wird zumeist von einer Mauer
umschlossen, in der ein oder mehrere Tore angebracht sind. Das
Haupttor befindet sich in der Regel im Süden und stellt bereits
für sich ein eindrucksvolles architektonisches Bauwerk dar.
Links und rechts des Eingangs sind zwei buddhistische Wächtergottheiten
(Niô) aufgestellt.
- Die “Gold-Halle” (Kondô) aus dem Jahr 680
ist das Hauptgebäude, denn in ihr wird das Hauptheiligtum
(honzon) aufbewahrt. Es handelt sich um eine vergoldete Buddha-Statue.
Früher waren die honzon eines Tempels für Laien meist
nicht frei zugänglich, sondern wurden nur zu bestimmten Anlässen
gezeigt. Tempelbauten sind also nicht wie christliche Kirchen
für allgemeine Gottesdienste gedacht.
- Viele größere Tempel besitzen eine Pagode. Zur Zeit
der Gründung des Hôryû-ji galten Pagoden als
die wichtigsten Tempelbauten und waren Aufbewahrungsort des honzon.
Pagoden leiten sich von den indischen Stupa ab. Stupas sind Grabmahle
des Buddha und beherbergen seine Reliquien. Auch viele japanische
Tempel geben an, in ihren Pagoden Reliquien des Buddha aufzubewahren.
Architektonisch hat sich das indische Stupa jedoch unter chinesischem
Einfluss stark gewandelt. In Japan gibt es zwei Grundformen, tajû-tô,
wtl. mehrstöckige Pagode, meist mit drei oder fünf Stockwerken,
und tahô-tô, wtl. Vielschatz Pagode, mit einem kreisförmigen,
bauchigen Grundgeschoß, das deutlicher an die indischen
Vorbilder erinnert. Im Hôryû-ji gibt es u. a. eine
fünfstöckige Pagode.
- Das Hauptheiligtum (honzon) des Hôryû-ji ist in
der Kondô-Halle aufgestellt. Es ist eine so genannte Shaka-Trinität
mit Buddha Shakyamuni, dem historischen Buddha, in der Mitte,
und seinen „Assistenten“ Monju Bosatsu und Fugen Bosatu.
Häufig werden Buddhas nicht einzeln sondern in Dreiergruppen
dargestellt.
- Die “Halle der Träume” (Yumedono), das Hauptgebäude
des Östlichen Tempelbezirks. Ein schönes Beispiel für
die in der Umgebung von Nara recht häufigen Kapellen mit
sechs- oder achteckigem Grundriss.
- Schematische Darstellung einer Tempelanlage (in diesem Fall
des Yakushi-ji in Nara). Eine innere quadratische Einfriedung
umschließt die Hauptgebäude, außerhalb sind diverse
Wohngebäude für Mönche, Verwaltungsgebäude
und Speicher zu erkennen. Eine Außenmauer umgibt das gesamte
Areal. Ähnlich wie christliche Kirchen boten auch japanische
Tempel in früherer Zeit Schutz vor feindlichen Heeren.
Rituale:
Tempel-/Schreinbesuch:
Die meisten Japaner begnügen sich mit Omairi an ihren Festtagen.
Omairi leitet sich von gehen ab und beschreibt eine Abfolge ganz
bestimmter Rituale bei einem Schrein- bzw. Tempelbesuch:
Schritt 1: Beim Eintritt in das Tempel- oder Schreingelände
gibt es zumeist einen Brunnen. Aus diesem schöpft man mit
einer Kelle Wasser, spült damit die Hände und eventuell
auch den Mund (wichtig: die Lippen sollten die Kelle nicht berühren).
Schritt 2: In der Nähe des Eingangs gibt es außerdem
ein Gebäude, in dem religiöse Gegenstände verkauft
werden. Handelt es sich um einen Tempel, kann man hier z.B. Räucherstäbchen
kaufen. Viele tun das auch und entzünden sie beim nächsten
Rauchbecken, aus dem an Festtagen schon dichter Rauch qualmt.
Diesem Rauch wird segensreiche Wirkung zugesprochen. Fast alle
Besucher drängen sich um das Becken und fächeln sich
Rauch an diejenigen Körperstellen, die ihnen die meisten
Sorgen bereiten. Männer fächeln den Rauch nicht selten
in Richtung ihrer Geschlechtsteile. Der Rauch stärkt, heilt
und reinigt, ähnlich wie das Wasser. Er dient also sowohl
der Gesundheit als auch der Vorbereitung auf die Begegnung mit
der Gottheit.
Schritt 3: Man nähert sich dem Hauptgebäude. Man zieht
die Schuhe aus, erklimmt ein paar Stufen und wirft Münzen
in einen zu diesem Zweck aufgestellten Behälter, der meist
auch den Zugang zum Inneren des Gebäudes blockiert. Dann
klatscht man in die Hände oder läutet eine Glocke oder
beides, um die Aufmerksamkeit der Gottheit zu erregen. Man faltet
die Hände, verneigt sich und hält einen Augenblick in
dieser Stellung inne, richtet sich dann wieder auf, geht zu seinen
Schuhen zurück, zieht sie an, und hat damit der Gottheit
seine Ehrerbietung erwiesen.
Teezeremonie:
Sie entwickelte sich 800 n. Chr. in der Kaiserstadt des Friedens
in Kyoto unter Shogune. Teehäuser waren ursprünglich
nichts anderes als Nebenanlagen Zen-Buddhistischer Tempelanlagen.
Die Teezeremonie fand in den Wohnstätten der Tempelpriester
statt. Mit dem Teeismus nimmt der Buddhismus Einzug in den Alltag,
da das Teetrinken zu etwas Feierlichem, fast Heiligem, stilisiert
wird. Vergleichbare Tätigkeiten sind das Bogenschießen
oder auch das Yoga. Ihnen allen gemein ist der meditative Charakter
in ihrer Ausführung. Man betritt ein Teehaus über einen
bewusst angelegten Pfad, welcher den ersten Schritt zur Meditation
darstellt. Es entspricht der japanischen Tradition der Zurückhaltung,
dass das einstöckige Gebäude sich in das Naturbild einordnet.
Als letzte Schwelle gibt es einen Trittstein, auf dem man seine
Schuhe auszieht. Auch die Teehausarchitektur steht in der Tradition
der klaren Trennung zwischen tragenden Elementen und ausfüllenden
Elementen. Das Grundmaß ist ebenfalls die Tatami-Matte.
Damit gehen Teehäuser genauso wie der profane Wohnungsbau
auf die Elemente der japanischen Schreinarchitektur zurück,
also auf den Grundsatz der Vervollkommnung in der Einfachheit.
Durch Einfachheit und Zurückhaltung wird leise auf das Bedeutungsvolle
hingewiesen (Shintoismus). Die Teearchitektur geht auf die Teezeremonie
selbst zurück. Auch die Teezeremonie geht auf ein shintoistische
Prinzip zurück: Die Vollendung in der Einfachheit und Betonung
des Bedeutungsvollen durch vielfaches einpacken. Der Teemeister
packt ganz bewusst seine Teeutensilien. Jede Bewegung ist fest
vorgeschrieben. Sinn des Teeismus ist die meditative Suche nach
einem inneren Ruhepunkt.
Bestattungsritus:
Der Toten- und Ahnenkult in Japan, sowie die damit verbundenen
Begräbnisrituale sind für Nicht-Japaner besonders verwirrend.
Das hängt damit zusammen, dass die Toten an mindestens zwei
Orten verehrt werden. Üblicherweise natürlich am Friedhof,
darüber hinaus aber auch am buddhistischen Hausaltar (butsudan).
Das shintoistische Gegenstück ist das kamidana.
Trotz der verschiedenen Glaubensausprägungen findet sich
sehr häufig die Vorstellung, dass man nach dem Tod der Verwandten
aktiv dafür sorgen muss, dass die Toten den Weg ins Jenseits
finden und dort „befriedet“ werden. Geschieht dies
nicht, kann es leicht sein, dass die Totenseele ziellos im Diesseits
umherirrt und als Gespenst (obake) allerlei Unfrieden stiftet
Im Hausaltar stehen mehrere ihai-Täfelchen, welche die Verstorbenen,
meist unmittelbare Vorfahren, repräsentieren. Darüber
hinaus können im oder neben dem Altar auch Fotos an die Verstorbenen
erinnern. Ihnen wird beispielsweise bei jeder Mahlzeit ein kleines
Speiseopfer dargebracht. Im Shintoismus symbolisieren Papierschildchen
(o-fuda) die Verstorbenen.
Die große Mehrheit aller Verstorbenen wird in Japan nach
buddhistischem Ritus bestattet. Meist wird der Körper verbrannt
und schließlich in einem Familiengrab (haka) beigesetzt.
Die individuellen Familienmitglieder sind entweder gar nicht,
oder nur an der Rückseite des Grabsteins eingetragen.
Beim Grabbesuch (ohaka mairi) schmückt man das Grab mit Blumen
und entzündet Räucherstäbchen. Zuvor wird der Grabstein
rituell gereinigt, indem man ihn mit Wasser übergießt.
Zu mindest einmal im Jahr, nämlich zum Bon-Fest, dem Fest
der Ahnen, sollte allerdings jeder sein Familiengrab aufsuchen.
Baderituale
Das Element Wasser war schon seit jeher wesentlich in der japanischen
Kultur. Grundlage hierfür ist Japans Reichtum an Vulkangestein,
welcher viele heiße Quellen hervorbringt. Schon früh
nutzte man diese zur körperlichen und seelischen Reinigung.
Aber auch im traditionellen Japanischen Wohnhaus gab es eine Badewanne,
die jeweils einmal mit heißem Wasser gefüllt wurde
und jedes Familienmitglied nutzte dieses Wasser, um zu baden.
Bevor man in das für westliche Verhältnisse sehr heiße
Wasser stieg, reinigte man sich gründlich. Dies galt damals
in der traditionellen Familie, genauso wie bei den natürlichen
Quellen (rotenburo), wie auch immer noch in den modernen öffentlichen
Badeanstalten (sento), die mittlerweile sehr häufig in Japan
zu finden sind. Mit der Zeit stellten sentos mehr und mehr soziale
Treffpunkte dar, die oft und gerne nach der Arbeit aufgesucht
werden, um sich mit Freunden oder Kollegen zu treffen.
Die natürlichen Quellen (rotenburo) wurden längst von
der Tourismus Branche als lukratives Geschäft entdeckt, so
dass häufig große Hotelkomplexe in der Nähe der
heißen Quellen zu finden sind.
Matsuri – Religiöse Volksfeste
Für die meisten Japaner sind jedoch mindestens
zwei Feiertage Anlass für traditionelle Feiern: Neujahr (O-shôgatsu)
und das Bon-Fest (O-bon) (in gewisser Hinsicht mit Weihnachten
und Ostern zu vergleichen).
Neujahr - Oshôgatsu
Der Beginn des Neuen Jahres (Oshôgatsu) ist traditionellerweise
einem Schreinbesuch reserviert. Diesen Schreinbesuch nennt man
hatsumôde, „Erstes Aufsuchen [der Götter]“.
Die meisten Japaner befolgen diesen Brauch, unabhängig davon,
ob sie überzeugte Shintoisten, Buddhisten, Christen oder
Agnostiker sind. Üblicherweise geht man zum nächsten
größeren Schrein und vollzieht dort ein normales omairi
mit dem Unterschied, dass man sich an diesem Tag erst einmal lange
anstellen muss. Dafür gibt es zu Neujahr spezielle Glückbringer
zu kaufen: hamaya (wtl. Dämonentöter), weiss gefiederte
Pfeile, die man sich nach Hause mit nimmt. Es sind Waffen gegen
böse Geister. Etwas teurer und nicht überall zu finden
sind hagoita: das sind eigentlich Schläger für das traditionelle
Federballspiel, das heute nur noch selten gespielt wird. Dafür
sind die Schläger umso dekorativer und dienen als Ziergegenstände.
Die berühmtesten Souvenirläden für hagoita gibt
es rund um den Asakusa Tempel in Tokyo. Vor allem für neugeborene
Mädchen kauft man zu Neujahr einen solchen verzierten Federballschläger.
Weniger luxurös, dafür aber an jeder Ecke zu finden
ist Neujahrsschmuck für die Eingangstüre des Hauses
oder der Wohnung (kadomatsu). Dieser Schmuck ist fast ausschließlich
aus natürlichen Materialien hergestellt, die eine glückverheißende
Symbolik besitzen: Die wichtigsten Element sind Pinienzweige (Sinnbild
des langen Lebens) und Bambus (Sinnbild der Jugend).
Berühmte Schreine ziehen in den ersten Neujahrstagen unglaubliche
Menschenmassen an. Am populärsten in dieser Hinsicht ist
der Meiji Schrein in Tokyo. 1998 sollen 3,45 Millionen zur hatsumôde
den Meiji Schrein aufgesucht haben. Aber auch der Asakusa Tempel
in Tokyo wird zu Neujahr Ziel von Millionen Besuchern, obwohl
er eigentlich ein buddhistischer Tempel ist.
Obon - das Fest der Ahnen
Mitte August wird das Bon-Fest (o-bon) gefeiert. In dieser Zeit
kommen die Geister der Ahnen aus dem Jenseits auf Besuch. Es ist
also eine Zeit, in der man sich auf die Familie, bzw. die Großfamilie
inklusive der bereits verstorbenen Generationen besinnt. Ebenso
wie Neujahr hat Obon eine öffentliche und eine private Seite.
Die öffentliche Seite macht sich in der modernen Stadtlandschaft
vorwiegend dadurch bemerkbar, dass gegen abend von überall
her Trommelklänge und traditionelle japanische Musik erklingen.
Viele Leute sind im leichten Sommer-Kimono (yukata) unterwegs,
um an Volkstänzen teilzunehmen, die in diesem Falle meist
von den buddhistischen Tempeln veranstaltet werden. Das sind die
berühmten Bon-Tänze, die zumeist kaum einen religiösen
Bezug erkennen lassen, aber wohl dadurch gerechtfertigt sind,
dass man den Ahnen Freude bereiten will.
Privat spielt der buddhistische Hausaltar (butsudan) die zentrale
Rolle, denn hier sind die Ahnen ja auch sonst das ganze Jahr über
präsent. Alle Opfer für die Ahnen (meist Nahrung) werden
daher vor dem besonders festlich hergerichteten Hausaltar aufgestellt.
Viele besuchen auch das Familiengrab auf dem Friedhof und hängen
dort Papierlaternen auf. Auf diese Weise werden die Ahnen willkommen
geheißen.
In darstellerischer Hinsicht sind Feuer und Licht essentielle
Elemente aller Bon-Feiern. Es gibt stets eine unübersehbare
Anzahl von Lampions, bzw. Papierlaternen. Es besteht am letzten
Abend der Bon-Feiern den Brauch, angezündete Papierlaternen
in kleinen Booten zu Hunderten die Flüsse hinunterfahren
zu lassen (tôrô nagashi). Dies symbolisiert die Verabschiedung
der Ahnen, die nun durch ein „Verabschiedungslicht“
(okuri-bi) wieder ins Jenseits zurück geleitet werden sollen.
Es gibt weitere Matsuri, wie z.B. das Gion, bei dem heilige Schreine
durch die Strassen getragen werden, in denen sich das Shintai
befindet oder auch Erntedank- und Fruchtbarkeitsfeste. Damals
spielten diese Feste eine größere religiöse und
traditionellere Rolle. Heute sind sie eher interessant für
den Tourismus und werden als große Events vermarktet, so
dass vielen der religiöse Hintergrund kaum noch bekannt ist.
Sakura – Japan im Kirschblütenrausch
Die Blütezeit der Japanischen Kirschblüte (Sakura) beginnt
Anfang April, wobei die Blütezeit einer einzigen Blüte
nur ca. 1 Woche anhält. Dies gibt der Sakura einen recht
melancholischen Beigeschmack. Sakura ist ein Ziergewächs,
welches als Symbol für die japanische Ästhetik steht.
Die Japanischen Werte der Reinheit und Einfachheit sollen sich
in ihr widerspiegeln. Schon früh wurde der Kirschbaum in
Gedichten, Liedern und Theaterstücken bedacht.
Die „Kirschblütenfront“ zieht von Süden
nach Norden, was in den Japanischen Medien mit regem Interesse
verfolgt wird. Regelmäßig wird in Prognosen und Nachrichten
über den Stand der Kirschblütenentwicklung Bericht erstattet.
Kein Wunder – die Kirschblütenzeit läutet in Japan
traditionell den Frühlingsanfang ein.
Genauso beginnt mit ihr auch für die Kinder die Schule, so
dass Erinnerungsfotos in den Parks geschossen werden, überall
liegen Blütenwolken in der Luft und bei jedem Windstoß
fallen Blüten zu Boden zur allgemeinen Freude der vielen
Schaulustigen. An den Abenden finden viele Hanamis statt –
so genannte Kirschblütenschauen, welche nichts anderes als
Partys sind, an denen sich Freunde oder Kollegen zum Essen und
Trinken in den Parks treffen.
> top
|
|
|